Nachtrag Studienfahrt nach Dachau / Januar 2022 // 02

LUCIA „Und das war für mich auf jeden Fall eine gute Gelegenheit das Erlebte zu verarbeiten, indem ich es einfach nochmal jemandem erzähle und dann durch die Worte, die ich wähle, … manchmal merke: ‚Stimmt gar nicht, es kommt gar nicht da ran, was ich erlebt habe‘ und zu merken: ‚Was habe ich eigentlich erlebt und wie hat sich das eigentlich angefühlt?“

MAREI. Ist es richtig, den Schrecken und das Leid der Menschen im Lager in den Bildern einer Ausstellung zu präsentieren? Welche Gefahren birgt diese Form des Erinnerns mit Blick auf die Besucher? – „Dieses Schrecken-Auslösen in den Leuten, indem man bildlich erzählt, was da passiert ist … das finde ich furchtbar und auch nicht angemessen … Durch diese Bilder [sieht] man nicht alles … und es ist ganz viel dieses „Schreckliche-sehen-wollen“; sich daran ergötzen, das Leid von Anderen zu sehen, ohne sich wirklich damit auseinander zu setzen. Nur eben dieses Ergötzen an Menschen, die eben an dem Tiefpunkt, an dem Punkt in ihrem Leben [sind], wo es ihnen am schlechtesten geht, wo sie gefoltert worden sind, wo sie unsagbare Qualen erlitten haben, unterernährt waren, meistens noch nackt fotografiert worden sind … Diese Menschen hätten da niemals freiwillig zugestimmt, dass diese Aufnahmen gemacht werden, die jetzt zum Teil lebensgroß in irgendwelchen Museen hängen, wo wir überhaupt keinen Kontext zu diesen Menschen kennen.“
LUCIA erzählt hier über ihre Erfahrungen während der Studienfahrt, den Rundgang in der KZ-Gedenkstätte, die Diskussionen in der Gruppe und die Möglichkeiten und Grenzen, über die Wirkung dieses Ortes zu sprechen: „Da waren sehr viele Eindrücke, sehr viel Input in sehr kurzer Zeit, was ich auf jeden Fall verarbeiten musste, was die andern wahrscheinlich auch und das haben wir dann eben getan, indem wir einerseits darüber viele gesprochen haben (…) auch die nächsten Tage in der Schule … Das war dann … eine Möglichkeit für uns … zu reflektieren und Revue passieren zu lassen, was wir eigentlich erlebt haben, [indem] wir es den andern erzählt haben, [haben wir] gemerkt, was eigentlich besonders hängen geblieben ist und was uns besonders wichtig war … Es ging jetzt nicht darum, Wissen zu vermitteln und irgendwie die genauen Zahlen zu haben, sondern einfach das Erlebnis den Schülern nahe zu bringen, die das halt eben nicht erlebt haben und da sind persönlichen Eindrücke und Emotionen immer auch ein guter Weg.

SANDRO

„Du meinst, dass Polizeieinheiten neben der KZ Gedenkstätte auszubilden, auch eine mahnende Funktion haben könnte? Da bin ich mir glaube ich tatsächlich ziemlich unsicher, dass das so funktioniert. Also im Arbeitsalltag, im Ausbildungs Alltag gehe ich davon aus, dass die Polizei überhaupt nicht mehr wahrnehmen, welche Bedeutung die Gedenkstätte nebenan hat und für die Polzeiausbildung haben könnte.“
SANDRO

„Also ich muss auf jeden Fall sagen, dass die Gruppen Zusammensetzung und die Gruppendynamik wirklich sehr gut war. Daß alle, die dabei waren, viel Vorwissen zu dem Thema hatten, war wirklich letztendlich eine sehr essenzielle Grundlage dafür, daß wir auch gut zusammenarbeiten konnten. Alle hatten wirklich großes Interesse an der Thematik.“

„Den Toten zur Ehr, den Lebenden zur Mahnung“

Montag, 10. Januar 2022. Um 08:15 stehen wir am Hauptbahnhof Darmstadt zur Abfahrt bereit. Unser Ziel: Das Max-Mannheimer Studienzentrum Dachau. Es ist kalt, doch die Vorfreude ist dennoch bemerkbar. Zwanzig Minuten später sitzen wir im Zug nach München (keine Deutsche Bahn und deshalb pünktlich). Die Fahrt wird noch einmal genutzt, um über Forschungsmaterial zu schauen, oder sich über die kommenden Tage auszutauschen. Andere packen ihre Bücher aus und lesen.

Eine S-Bahn bringt uns nach Dachau. Das erste, was wir sehen: Am Bahnhof werden uns Dachaus Sehenswürdigkeiten präsentiert. Nicht nur Werbung für die Gedenkstätte Dachau befindet sich hier. Auch für die Besichtigung eines Schlosses der Wittelsbacher hängt an den Mosaik-Wänden. Robert, unser Begleiter über die drei Tage hinweg, erzählt uns auch von der wunderschönen Altstadt. Doch diese sei kaum ein Reiseziel. Meist würde Dachau nur im Zusammenhang mit dem KZ erwähnt. Der Rest der Stadt scheine vielen Menschen uninteressant.

Auch berichtet er, nach dem erstaunlich leckeren Mittagessen (vegetarisch/vegan plus Salat und leckerem Nachtisch) von Tourist*innen, die der Gedenkstätte nicht mit dem nötigen Respekt begegnen. „Sucht auf Instagram mal nach dem #Dachau“, schlägt er uns vor, als wir am letzten Tag eingeritzte Liebesbotschaften in den originalen Ziegeln des Krematoriums, oder den nachgebauten Betten in den Baracken finden. Gesagt getan: Wir finden Bilder mit posenden Menschen vor dem Tor, oder den Denkmälern. Auch unsere Gruppe begegnet bei der Besichtigung der Gedenkstätte solchen Menschen. Als wäre Dachau nur ein weiteres Urlaubsziel, eine weitere Attraktion …

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