Montag, 16. Mai, 2022 / 19:00 Uhr // Einladung / Lesung und Vortrag: Zur Geschichte einer Minderheit zwischen Stigmatisierung, Verfolgung und Selbstbehauptung.

Bis zum Mai 1943 wurden die noch in Darmstadt lebenden Sinti deportiert. Zu den Leidenswegen dieser Menschen lesen wir Zeitzeugenberichte Überlebender und werten die Akten der Staatsarchive und die Dokumente der Arolsen Archives aus. Im Zuge dieses Projekts laden wir zu zwei Veranstaltungen am 16. Mai 2022  ein:


TEIL EINS.
„Die Schatten von Auschwitz und die Wunden meiner Eltern“ – Schüler:innen der Bertolt-Brecht-Schule und Studentinnen der TU-Darmstadt lesen zu Verfolgung und Widerstand.

Ort: Mahnmal für die aus Darmstadt deportierten Sinti, Große Bachgasse 7, Montag, 16. Mai, 17:00 Uhr
Zu dem Mahnmal / Große Bachgasse.
Der Magistrat Darmstadt hatte 1995 den Wunsch des Landesverbandes der Sinti und Roma aufgegriffen, an die Vernichtung dieser ethnischen Gruppe im Nationalsozialismus – etwa 500.000 Sinti und Roma wurden ermordet – durch ein Denkmal zu erinnern. Hierfür gewann sie den Darmstädter Künstler Bernhard Meyer.
Bernhard Meyer. Foto: Rainer Lind



Nelly Kaufmann über Alkwine Keck

Alwine Keck (geborene Adam) wurde am 10. September 1924 in Okriftel geboren. 1941 zog die Familie, Alexander und Maria Adam mit ihren neun Kindern, nach Darmstadt in die Brandgasse 12. Trotz des Festsetzungserlasses war es ihnen gelungen eine Genehmigung für den Umzug zu bekommen. Bis dahin hatte Alwine in einem Labor der Farbwerke Hoechst gearbeitet. In Darmstadt ist sie bei Merck dienstverpflichtet.

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Robert Zwach, Casper Söder und Paul Stegmann über den Aufstand der Sinti und Roma im Konzenzentrationslager in Auschwitz-Birkenau

Im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Lagerabschnitt B-2-e, waren insgesamt über 22000 Sinti und Roma aus ganz Europa inhaftiert. Zum Zeitpunkt des Aufstandes waren viele der Sinti und Roma aber schon gestorben und nur noch ungefähr 6000 Menschen im „sogenannten“ Zigeunerlager. Hier litten die Menschen unter besonders schlimmen hygienischen Bedingungen, wie Hermann Langbein berichtet. Nun sollten am 16. Mai 1944 alle Inhaftierten ermordet werden – man wollte Platz schaffen für aus Ungarn deportierte Juden.
Doch die Sinti und Roma fingen an, einen Widerstand zu organisieren.

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Roxana Müller, Jessica Pleier über
Vinzenz und Oskar Rose
Lesung anlässlich des 78. Jahrerstages des Aufstandes der Sinti und Roma im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau

Vinzenz Rose ist einer von vielen Darmstädter Sinti, die von den NS-Behörden verfolgt und deportiert wurden. Er und sein Bruder Oskar überlebten die NS-Zeit – alle anderen Mitglieder der Familie Rose wurden von den Nazis ermordet. 

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TEIL ZWEI.
„Bilder und Zerrbilder von Sinti und Roma in der Kunst“ Vortrag von Peter Bell. Musikalische Begleitung: Streichquartett der Viktoriaschule
Ort: Bertolt-Brecht-Schule Darmstadt, Kranichsteiner Straße 84 // Montag, 16. Mai, 19:00 Uhr, Neues Foyer

Seit über 500 Jahren leben Sinti in Europa und fast ebenso lange gibt es Bilder, die sie zeigen – oder zeigen könnten. Denn historische Bildwerke insbesondere die Kunst sind keine Spiegel der Wirklichkeit, sondern brechen und verzerren die Realität oder projizieren eigene Vorstellungen von Angst und Faszination gegenüber dem Fremden. In drei
Etappen schauen wir auf diese Entwicklungen, auf Reisende und Handleserinnen in der Frühen Neuzeit, eine doppelte Bohème in der Moderne und die Popkultur und Emanzipation von Sinti und Roma in der Gegenwart.

„Vier Zigeunerinnen mit einem Kind, eine einem Bauern wahrsagend“
Staatliche Kunsthalle, Karlsruhe
Gemälde von David Teniers

Nach einer Steinmetzlehre studiert Peter Bell Kunstgeschichte und Betriebswirtschaftslehre sowie Graphik & Malerei an der Philipps-Universität Marburg und promoviert zu „Getrennte Brüder und antike Ahnen. Repräsentation der Griechen in der italienischen Kunst zur Zeit der Kirchenunion (1438–1471). Seitdem ist „Fremdheit“ und „Armut“ einer seiner Forschungsschwerpunkte geblieben.
Seit 2022 lehrt Peter Bell als Professor am Kunstgeschichtlichen Institut an der Philipps Universität in Marburg / Foto: Markus Farnung


20. Mai – 02. Juni 2022 / Mo-Fr 08:00 Uhr – ca. 15:00 Uhr / Neues Foyer der Bertolt-Brecht-Schule /

„Der Weg der Sinti und Roma“ beschreibt Aspekte der Geschichte von Sinti und Roma seit dem 15. Jahrhundert in Europa. Dieser Weg ist seit dem 15. Jahrhundert durch massive Ausgrenzungen und Verfolgungen gekennzeichnet, unterschiedlich begründet, mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Auf den Tafeln werden Vorurteile benannt, Bilder kritisch präsentiert, Wirkungen und Folgen für die Sinti und Roma dargestellt. Dass Sinti und Roma eigene Traditionen haben, diese auch in die deutsche und europäische Kultur eingebracht haben und bringen, wird ebenso dargestellt.

Es wird deutlich gemacht, dass nach 1970/1980 Sinti und Roma versuchen, den Weg selbst stärker zu bestimmen – durch Bürgerrechtsarbeit, mit dem Ziel innerhalb der europäischen Gesellschaften als selbständige Gruppe („nationale Minderheit“) anerkannt zu werden. Dass es hier Fortschritte gegeben hat, wird dokumentiert, aber auch die Tatsache, dass in vielen Teilen der Gesellschaf t immer noch Vorurteile vorhanden und Diskriminierungen an der Tagesordnung sind, ohne dass es Proteste von Nichtbetroffenen gibt. Es wird in der Ausstellung gezeigt, dass Zuschreibungen und Bilder, Vorurteile und Stereotypen, aber auch Verleumdungen in diesem langen Zeitraum vom 15. Jahrhundert bis heute eine wesentliche Rolle auf dem Weg der Sinti und Roma spielen.

(aus Der Weg der Sinti und Roma. Wie „Zigeuner“ – Bilder und Vorurteile einen Völkermord möglich machen können. Handreichung und Katalog zur Ausstellung: https://sinti-roma-hessen.de/wp-content/uploads/2019/07/Begleitband2019-WegDerSintiUndRoma-Web_klein.pdf).


Udo Engbring-Romang: “ Wenn die Personen 1946 / 1947 auf den Ämtern für Wiedergutmachungwieder vor einem sitzen, die einem einst schon ins Lager gebracht haben.“

Zur Ausstellung gab es auch einen Workshop mit Schüler:innen der Bertolt-Brecht-Schule durch den Kurator Udo Engbring-Romang.

Kontakt – auch bei Fragen und Anfragen zu Führungen durch die Ausstellung:
Bernhard Schütz, BrechtGeschichtswerkstatt

sz@brechtschule.info


Zur Erinnerung an die aus Darmstadt deportierten Juden und Sinti 1942/1943

Die jährliche Gedenkveranstaltung am Güterbahnhof Darmstadt findet immer am letzten Sonntag im September statt. Sie widmet sich u.a. den Biografien von Menschen, die als Jüd*innen und Sinti*ze Opfer des nationalsozialistischen Terrors wurden. Gestaltet wird sie in diesem Jahr von Studierenden und Schüler*innen in Zusammenarbeit mit der Darmstädter Geschichtswerkstatt.

Maria Strauss
Daniel Neumann
Hannah G.

Jessica P.

Roxana M.


Fotos: Ulrike Landzettel, Rainer Lind


Merle M. über Familie Rose
Anton und Lisetta Rose waren vor der Machtergreifung angesehene Bürgerinnen und Bürger Darmstadts; sie waren katholisch religiös, hatten ihren festen Freundeskreis und betrieben bis 1937 im Kreis Darmstadt ein Wanderkino. „Wir hatten ein gutes Familienleben, ein gutes Einkommen und alles war gesichert“, so erinnert sich ihr Sohn Vinzenz.
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Lucia C., Volker D. über Familie Adam
„Und eines Morgens, ich hatte wie immer meine Tasche unterm Arm und wollte zur Arbeit gehen, kam die Polizei, und der Herr Jost fragte mich: ‚Ei, Fräulein Adam, wo wollt ihr dann hin?‘, und ich sagte: ‚Ich hab jetzt keine Zeit, ich muss schaffen gehen.‘ Da sagte er: ‚Ihr braucht jetzt nicht mehr zu arbeiten, da, wo ihr jetzt hinkommt, da werdet ihr angesiedelt.‘ Und das war alles, was die Kriminalpolizei gesagt hat. Das war alles, was wir zu hören bekamen. Und am Ende haben wir vor Auschwitz gestanden, da, vor dem Tor.“
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